Erziehung: Bedürfnis vs. Wunsch - was ist der Unterschied?

Bedürfnis vs. Wunsch – wie du sie unterscheiden kannst © ghazii - AdobeStock.com

Eltern stehen bei der Erziehung von Kindern irgendwann vor der Frage: Fordert mein Kind jetzt ein Grundbedürfnis ein, dem ich unbedingt nachkommen sollte oder äussert es einen Wunsch, der nach meinem Ermessen erfüllt werden kann?

Bei einigen Wünschen ist es einfach, sie von einem Bedürfnis zu unterscheiden, etwa der Wunsch nach einem neuen Spielzeug. Bei anderen ist es schwieriger, sie auf den ersten Blick zu erkennen.

Was sind Grundbedürfnisse der Menschen?

Die Grundbedürfnisse jedes Menschen sind ähnlich und bestehen seit der Geburt. Zu den Grundbedürfnissen zählt das Bedürfnis nach Essen und Trinken, nach Schlaf und Ruhe, nach Nähe, Liebe, Sicherheit und Sauberkeit. Bei jedem Menschen sind die Bedürfnisse unterschiedlich stark ausgeprägt, doch müssen diese immer ausreichend erfüllt sein, um die Gesundheit und das Wohlbefinden aufrechtzuerhalten. Dabei steht die Erfüllung der Grundbedürfnisse von Babys und Kleinkindern vor denen ihrer Eltern oder älteren Geschwistern, doch dürfen diese auch nicht zu kurz kommen. Die Balance innerhalb der Familie zu halten ist die grosse Kunst bei der Bedürfniserfüllung.

Ein Säugling, der Hunger hat, sollte so bald wie möglich gefüttert werden. Ein Kindergartenkind kann ein bisschen warten, bis das Mittagessen fertig ist. Auch Eltern dürfen ihren Hunger in Ruhe komplett stillen und können auch von ihrem Kind oder Kleinkind erwarten, dass sie in Ruhe aufessen dürfen.

Kinder können besonders anhand der Grundbedürfnisse in ihrer Familie lernen, auf andere Rücksicht zu nehmen. Denn die Grundbedürfnisse kennen sie selbst auch gut und können sich so mit der Zeit in ihre Eltern oder Geschwister hineinversetzen.


Was sind Wünsche und muss ich sie erfüllen?

Ja, natürlich solltest du deinem Kind Wünsche erfüllen - hin und wieder.

Du kennst es schliesslich selbst: Eigentlich brauchst du keine neue Handtasche. Doch sie ist so schön, steht dir gut und du wünschst dir einfach genau diese. Warum nicht? Allerdings wirst du dir deshalb nicht gleich jede Woche eine neue Handtasche kaufen. Und nur, weil du dir jetzt eine neue Handtasche gekauft hast, kaufst du dir nicht noch ein Auto. Du hast gelernt, dir deine Wünsche zu erfüllen, denn das macht schliesslich auch Spass. Aber du weisst auch, dass es Grenzen gibt, finanzielle, aber auch Grenzen der Vernunft.

Wenn dein Kind sich also nun ein neues Spielzeugauto wünscht, ist es nicht verkehrt, ihm gelegentlich mal eine Freude zu machen. Wenn es aber bei jedem Einkauf anfängt zu quengeln und ständig neue Spielzeugautos verlangt, dann hilft nur ein konsequentes "nein". Das ist leider nicht einfach, denn dein Kind wird es wieder versuchen, laut und deutlich danach verlangen.

Das tun Kinder nicht aus Bosheit. Sie wollen lernen. Sie lernen genau das, was auch du gelernt hast: Hin und wieder einen Wunsch zu erfüllen, ohne dabei über die Stränge zu schlagen.

Geht als Eltern mit gutem Beispiel voran. Lebe deinem Kind vor, dass auch du Wünsche hast, die du dir nicht ständig erfüllen kannst.

Ein eigenes Sackgeld ist ab Schulalter eine gute Möglichkeit, deinem Kind die sinnvolle Erfüllung von Wünschen näherzubringen. Mit seinem Taschengeld darf dein Kind sich seine kleinen Wünsche selbst erfüllen.

Versteckte Bedürfnisse hinter einem Wunsch herausfinden

Es ist oft nicht einfach zu erkennen, welches Bedürfnis das Kind oder du selbst gerade hast und zu unterscheiden, ob es sich dabei eher um einen Wunsch oder um ein Bedürfnis handelt. 

In den ersten Lebensjahren sind Kinder sehr Ich-zentriert. Dies gehört zur natürlichen Entwicklung dazu - wichtig für ihr Überleben. In der Trotzphase merken sie, dass sich nicht alles nur um sie dreht und fühlen sich dabei oft frustriert und wütend.

Beispiele aus dem Alltag:

Schreit ein Baby, verwöhnst du es nicht, wenn du es hochnimmst, denn es fühlt sich in deinem Arm einfach sicher und geborgen.

Möchte ein Kind von dir getragen werden, anstatt selber zu laufen, ist es nicht faul, sondern sucht vielleicht deine Nähe.

Möchte dein Kind im Elternbett schlafen, möchte es nicht deinen Schlaf stören, sondern sucht nach Sicherheit und Nähe. Die Familie bietet den Kindern einen geborgenen Rahmen, der sie schützt und Erholung von der hektischen, kalten, fremden Welt draussen bietet.

Auch bei älteren Kindern steckt hinter einem Wunsch oft mehr dahinter. Ist der Wunsch nach Markenkleidung nicht auch das Bedürfnis nach Anerkennung und somit Nähe zu den Mitschülern? Und muss diese Nähe und Anerkennung zwingend mit Markenkleidung erlangt werden? Sprich diese Tatsache auch innerhalb der Familie an. Mache nicht den Fehler, die Erziehung durch materielle Wünsche zu ersetzen, dies durchschauen Kinder sehr schnell.

Auch Eltern haben Bedürfnisse!

Vergesst eure eigenen Bedürfnisse nicht! In den ersten Lebensjahren müssen Eltern ihre eigenen Bedürfnisse zurückstellen, denn die Grundbedürfnisse der Kinder stehen im Vordergrund, weil sie auf Mutter und Vater angewiesen sind.  

Dennoch können Eltern nur gesund für ihre Kinder da sein, wenn sie auch ihre eigenen Bedürfnisse nicht vergessen. Kinder lernen mit der Zeit zu warten und ihre Bedürfnisse auch mal aufzuschieben. 

Mit kleinen Pausen für DICH kannst du neue Energie tanken, du sorgst für innere Ausgeglichenheit und Zufriedenheit. Hier findest du Tipps dazu!

Fazit
Es ist nicht immer leicht, Bedürfnisse und Wünsche voneinander zu unterscheiden. Die Bedürfnisse jedes Familienmitglieds sollten so gut wie möglich gedeckt werden, damit jeder - Kinder und Eltern - auf Dauer zufrieden und psychisch und körperlich gesund bleiben. Wünsche sind häufig materieller Art und dürfen auch gelegentlich erfüllt werden, schliesslich macht das auch Spass. Allerdings liegen den meisten Wünschen auch Bedürfnisse zugrunde, die du in der Erziehung auch berücksichtigen solltest.

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