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Bewegung und Sport
Ein durchschnittlich trainierter Zehnkämpfer schafft es nur rund vier Stunden, das dauernde Gerase, Gerenne und Gehopse eines Kindes nachzumachen. Der natürliche Bewegungsdrang junger Kinder ist beeindruckend.
Motorische Entwicklung
Veränderte Umweltbedingungen tragen dazu bei, dass der kindliche Bewegungsdrang nicht mehr in ausreichendem Masse ausgelebt werden kann. Enge Wohnverhältnisse, fehlende Bewegungsräume, vermehrter Verkehr und ein erhöhter Medienkonsum führen dazu, dass sich viele Kinder zu wenig bewegen. Statt selber auf einen Baum zu klettern, sehen Kinder im Fernsehen, wie andere das tun. Mangelnde Bewegungserfahrungen haben motorische Defizite zur Folge. Während Entwicklungsmodelle vorsehen, dass ein Kind spätestens mit sechs Jahren einen Purzelbaum machen kann, sieht die Realität häufig anders aus. Primarlehrer berichten von Schülern, die kaum auf einem Bein stehen können, geschweige sie schaffen einen Purzelbaum. «Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans bekanntlich nimmer mehr.» Experten sprechen vom «goldenen Lernalter» und weisen darauf hin, dass motorische Lernprozesse im Erwachsenenalter nur noch unzureichend nachgeholt werden können. Wie viel Wahrheit hinter dieser Aussage steckt, ahnt, wer als Erwachsener zum ersten Mal auf Skiern steht.
Mit Blick auf die Anforderungen im Strassenverkehr sind motorische Defizite Besorgnis erregend. Kinder mit mangelndem Gleichgewicht und unzureichend ausgebildeter Orientierungs- und Reaktionsfähigkeit stürzen häufiger vom Fahrrad oder sind vermehrt in Zusammenstösse verwickelt.
«Wer sich keine Zeit für Bewegung nimmt, muss sich früher oder später Zeit für Krankheiten nehmen», besagt ein asiatisches Sprichwort. In diesem Zusammenhang spielen kräftigende Übungen im Kindesalter eine wichtige Rolle. Der Aufbau eines muskulären «Rumpfkorsetts» beugt Haltungsschwächen und Rückenschmerzen vor. Sprungbelastungen tragen zur Vorbeugung von Osteoporose (Knochenschwund) bei.
Bewegung in jungen Jahren stimuliert zudem die Psyche. Hirnforscher legen dar, das motorisch begabte Kinder sich in der Schule besser konzentrieren können. «Die Motivation ist das A und O beim Sport», sind Sportpsychologen überzeugt. Kinder, die von klein auf Freude an der Bewegung empfinden, werden auch als Erwachsene eher Sport treiben. Eine aktive Kindheit kann als «Schrittmacher» für eine lebenslänglich fortgeführte Sportaktivität dienen.
Sportarten
Von Armbrustschiessen bis Zehnkampf – welche Sportarten eignen sich für junge Kinder? Immer mehr Sportvereine werben um die Gunst der Kinder. Vor dem Hintergrund, dass unsere Kinder immer inaktiver werden, begrüssen Bewegungsexperten diese Entwicklung. Sie heben aber gleichzeitig auch den Mahnfinger: Kinder sind keine kleinen Erwachsenen! Werden Trainingsaufbau und -inhalte einfach von den Erwachsenen übernommen, dann ist dies verfehlt, mitunter sogar gefährlich. Gefragt sind Einheiten, welche der jeweiligen Altersstufe Rechnung tragen und polysportive Bewegungserlebnisse bieten. Eine zu frühe Spezialisierung gilt es zu vermeiden. Diesem Grundsatz folgt auch J+S Kids, die neue Bewegungsförderung des Bundes für 5- bis 10-Jährige, siehe auch jugendundsport.ch. Beteiligte Sportvereine konzipieren ihre Angebote nach der Zauberformel «50–25–25» (50% Hauptsportart, 25% verwandte Sportart und 25% Schnuppersportart).
Wechselnde Bedürfnisse und Vorlieben führen dazu, dass Kinder verschiedene Sportarten ausprobiere möchten. Spare Geld und entscheide dich für einen 3-monatigen Schnupperkurs statt für die Jahresmitgliedschaft. Erkundige dich auch nach Vereins internen Materialausleihen oder elterliche Tauschbörsen, anstatt eine teure Sportausrüstung zu kaufen.
Ungezwungene, selbst gewählte Bewegungsspiele stehen bei Kindern im Alter von 4-7 Jahren im Vordergrund. Organisierter Vereinssport sollte, gerade bei jungen Kindern, höchstens zwei Mal die Woche betrieben werden. Gewähre deinem Kind dabei Einblick in zwei Sportarten, falls dies zeitlich und finanziell möglich ist. Sinnvoll ist, eine Einzel- (z.B. Tanzen, Leichtathletik) und eine Mannschaftssportart (z.B. Fussball, Eishockey) miteinander zu kombinieren. Oder eine Hauptsportart mit einem temporären Angebot zu ergänzen (z.B. Besuch eines Schwimmkurses) oder eine Mitgliedschaft in einem Turnverein, wo verschiedene Sportarten betrieben werden können. Bei Hyperaktivität oder niedrigem Selbstbewusstsein könnte zudem das Ausüben einer Kampfsportart (z.B. Judo) hilfreich sein. Fest steht, und das konnten wir mit eigener Forschung bestätigen, dass Kinder, die aktiv in einem Sportverein mitmachen, auch wirklich profitieren und fitter sind als Kinder, die nicht Mitglied in einem Verein sind.
Allgemein gilt: Die Kindersportart an sich gibt es nicht. Die Qualität eines Angebots steht und fällt mit der Leitperson. Nutze deshalb Schnuppertrainings bei verschiedenen Anbietern. Tausche dich zudem mit anderen Eltern aus. Erkundige dich nach der Ausbildung der Leitpersonen und überprüfe, ob die folgenden «Nebenwirkungen» (getreu dem Motto von J+S Kids) bei deinem Kind auftreten: Leuchtende Augen, rote Wangen und helle Begeisterung!
Bewegungstipps
Bewegungsempfehlungen sehen vor, dass sich Kinder täglich mindestens eine Stunde bewegen. Ergänzend zu dieser «Minimalstunde» sollen mehrmals pro Woche Tätigkeiten durchgeführt werden, welche die Knochen stärken, das Herz und den Kreislauf anregen, die Muskeln kräftigen, die Beweglichkeit erhalten und die Geschicklichkeit verbessern. Um diesen Anforderungen gerecht zu werden, braucht ihr weder Personal Trainer noch teures Material. Herumliegende Äste und umgekippte Bäume machen aus Kindern Schwertkämpfer und Seiltänzer und garantieren ein optimales Ganzkörpertraining! Der Ideenreichtum junger Kinder bringt ungemein kreative Spiel- und Bewegungsformen an den Tag.
Kinder lernen am Modell. Nicht nur die Sporthelden aus dem Fernsehen dienen als Vorbild, sondern auch die eigenen Eltern. Wissenschaftliche Studien belegen, dass Kinder mit sportlichen Eltern sich mehr bewegen. Tretet zusammen in die Pedale, veranstaltet eine Schnitzeljagd oder wagt euch mit den Schlittschuhen auf das Glatteis. Dies stärkt nicht nur Muskeln und Knochen, sondern auch den Familienzusammenhalt. Bewegung schafft Begegnung! Kreiere Rituale, reserviert euch beispielsweise jeden ersten Samstag im Monat für einen sportlichen Familienausflug! Positiver Nebeneffekt am Rande: Bewegung steigert die Schlafdauer und -qualität. Während dein Kind am Abend todmüde ins Bett sinkt, geniesst du ein paar ungestörte Stunden!
Wie das tägliche Zähneputzen sollte auch die Bewegung zum Alltag gehören. Dazu gehört eine aktive Bewältigung des Schulwegs zu Fuss, auf Rollen (Skateboard, Kickboard) oder auf Rädern (Velo). Verbringt ein Kind täglich 20 Minuten auf dem Schulweg, kommen pro Schuljahr immerhin etwa 70 Stunden Bewegungszeit zusammen.
In der Schweiz ist rund jedes fünfte Kind übergewichtig. Ergänzend zur Bewegungsförderung ist deshalb eine gesunde, ausgewogene Ernährung von zentraler Bedeutung. Sind Chipstüten und Süssgetränke allzeit griffbereit, können Kinder dieser Versuchung kaum widerstehen. Psychologen raten in diesem Zusammenhang zu sogenannter «Reizkontrolle» und meinen damit: «Aus den Augen, aus dem Sinn». Verzichte auf rigorose Verbote; sie animieren nur zu heimlichem Naschen. Finde mit deinem Kind zusammen das richtige Mass. Trefft ein Abkommen und zeige sinnvolle Alternativen (z.B. gesunde Snacks) auf.
Autoren: Dr. phil. Tim Hartmann, Prof. Dr. phil. Lukas Zahner, Prof. Dr. Uwe Pühse / Departement für Sport, Bewegung und Gesundheit der Universität Basel
Unterstützt durch Gesundheitsförderung Schweiz / Lausanne
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