Was ist ein (gutes) Spielzeug?

Babyentwicklung: Spielen mit Alltagssachen © komokvm - AdobeStock.com

Da sich das Spiel eines Kindes in den ersten Lebensmonaten damit beschäftigt, die Welt, die es umgibt, zu begreifen, sind quasi alle Gegenstände Spielzeug. Besonders interessant wirken vor allem die Dinge, die im Leben der Erwachsenen tatsächlich eine Rolle spielen: Das Telefon, der Schlüsselbund oder auch Küchenutensilien.

Was ist schon ein Schlüssel aus Holz, wenn man einen echten haben kann? Eltern, die teures Holzspielzeug gekauft haben, sind manchmal etwas frustriert darüber, dass dieses im Vergleich zum Original so wenig Beachtung findet.

Elektronisches Spielzeug

Besonders viel Interesse zeigen Kinder für Elektronik aller Art. Keine Frage, die Präsenz elektronischer Geräte in unserer Zeit wird unterschiedlich bewertet. Hier einige Fakten zum Thema:

  • Musik, Farben, blinkende Lichter ziehen Kinder wie Magnete an, doch schnell bewirken sie eine immense Reizüberflutung. Besonders sensible Kinder werden dadurch gereizter, weinen mehr und schlafen schlechter, denn sie spüren noch nicht, wann es ihnen zu viel wird.

  • Activity-Center, elektronische Lerntische und Spielbögen machen Kinder zu Ausführenden. Sie drücken auf einen Knopf, damit ein bestimmtes Lied ertönt, sie erzeugen die Geräusche und Töne jedoch nicht selbst. Das ist zwar durchaus unterhaltsam, für die kindliche Entwicklung allerdings kein grosser Gewinn – auch wenn das die Spielzeugindustrie anders sieht.

    Ziel des kindlichen Spiels ist das Erforschen der Welt und die Lösung immer neuer Herausforderungen, das können elektronische Spieltische nicht oder nur sehr begrenzt bieten. Sie geben das Spiel vor: Das Kind drückt zum Beispiel den roten Knopf, das Gerät gibt ein Geräusch von sich – das wars. Das Gehirn findet solche Spielformen schnell uninteressant, weil nur diese vorgefertigten Erfahrungen gemacht werden können, die kaum Anregung bieten.

Welche Spielformen sind aktuell?

Bälle, einfache Bilderbücher, Nachziehtiere, einfache Instrumente, Bauklötze, Alltagsgegenstände um das Verhalten der Eltern zu imitieren, Motorikschleifen, Sand.

Die gute Botschaft: Wirksames Spielzeug muss nicht teuer sein und zeichnet sich dadurch aus, dass ein Kind daran Interesse hat.

Sinnvolle Spielsachen nach Kindesalter


Spiel und Langeweile

Ein beliebtes Argument für elektronische Spielsachen lautet: nie mehr Langeweile. Doch ganz egal ob Säugling, Kleinkind, Jugendlicher oder Erwachsener: Spiel und Langeweile bedingen sich gegenseitig. Auf Phasen des intensiven Spiels müssen Phasen der Langeweile und der Erholung folgen. Erst dann setzt und vernetzt sich das Erspielte und Gelernte im menschlichen Hirn.

Gut zu wissen: Durch die Spannung, die durch Langeweile aufgebaut wird, entsteht bereits die nächste Spielphase. Spielen ist eine äusserst kreative Handlung, und Kreativität braucht Langeweile als Nährboden. Langeweile auszuhalten, gehört zur frühen Medienbildung: Kinder, die nicht ständig unterhalten werden müssen, sondern sich auf ihre eigenen Ressourcen verlassen können, werden später einen sinnvollen Umgang mit Smartphones und Unterhaltungsmedien finden.

Grundsätzlich gilt für alle Spielsachen: Weniger ist mehr! Besitzen Kinder zu viele Spielsachen – wie die allermeisten Kinder in unserem Kulturkreis – können Eltern dem begegnen, indem sie ohne schlechtes Gewissen einen guten Teil davon wegräumen. Wer Spielsachen hin und wieder austauscht wird womöglich erstaunt feststellen, dass Verknappung interessant macht. Und plötzlich ist das langweilige Feuerwehrauto wieder en vogue. Das Beste: So wird das Kind nicht von der Fülle der Spielsachen überfordert, denn die Gleichung «mehr Spielzeug – mehr Spiel» geht nicht auf.

Sicheres Spielzeug

Gegenstände sind ungefährlich, wenn

  • sie gross genug sind, damit sie nicht ganz in den Mund genommen werden und auch keine Kleinteile abbrechen können. Mit Hilfe einer Klopapierrolle lässt sich gut beurteilen, ob Gegenstände gross genug für Babies sind: Passen sie hinein, sind sie zu klein, passen sie nicht hinein, haben sie die richtige Grösse.
  • sie keine Spitzen oder scharfe Kanten aufweisen und auch nicht zerbrechen können.
  • sie nicht mit giftigen Farben bemalt oder mit giftigen Lasuren oder Ölen behandelt sind.
  • sie nicht aus bedenklichen Kunststoffen gefertigt sind, wobei dies zu beurteilen, oftmals nicht einfach ist. Eine Faustregel: Lieber unlackiertes Holz als Plastik, lieber Hart- als Weichkunststoff, keine Billigprodukte. Und: Was unangenehm riecht lieber im Regal lassen.

Die gefährlichsten Dinge, die dein Kind verschlucken kann!

Spiel mit anderen Kindern

Auch wenn Kinder erst ab etwa dem dritten Lebensjahr beginnen, Rollenspiele zu spielen und sie sich davor häufig gegenseitig Spielsachen wegnehmen, sind sie in diesem Alter dennoch gerne mit anderen Kindern zusammen. Dafür eignen sich zum Beispiel Krabbelgruppen oder Babytreffs.

Bereits im ersten Lebensjahr tauschen sich Kinder über Blicke und Geräusche aus. Sie interessieren sich für einander. Dieses Interesse ist jedoch von Kind zu Kind unterschiedlich gross und unterschiedlich dauerhaft: Während manche sozial sehr aktiv sind und am liebsten immer in Gesellschaft wären, sind andere lieber für sich. Manche fühlen sich allein durch die Anwesenheit anderer Kinder schneller gestört oder gar bedroht.

Fühlt sich ein Kind wohl und von einer Situation nicht überfordert, setzt es sich ungezwungen mit andern Kindern spielerisch auseinander und lernt dabei eine Menge. Wie wohl sich aber die Eltern in Krabbelgruppen und Babytreffs fühlen, spielt dabei keine unwesentliche Rolle. Manche Väter und Mütter fühlen sich durch die Anwesenheit der anderen Eltern und das Vergleichen der kindlichen Fähigkeiten unter Druck gesetzt und unwohl. Anstatt an sich oder dem Kind zu zweifeln, helfen vielleicht diese Fragen: Ist dieses Angebot wirklich das Richtige für uns? Stimmt der Zeitpunkt? Wie auch immer: Jegliche gemeinsame Aktivität sollte den Eltern wie Kindern Freude bereiten und nicht bloss Pflichtprogramm sein.

Fachautorin: Marion Sontheim / Familienbegleiterin und Autorin Fachzeitschrift spielgruppe.ch / IG Spielgruppen Schweiz / www.spielgruppe.ch

Bewertung

Das könnte dich auch interessieren...

Keine Artikel vorhanden