Ammenmärchen

Ammenmärchen rund um die Schwangerschaft © AdobeStocks - Tijana

Spätestens wenn du im Freundeskreis „Ich bin schwanger!“ äusserst oder der Bauch sich unter dem Shirt wölbt, konfrontiert dich das Gegenüber mit zahlreichen Gerüchten. Angefangen beim ersten Schwangerschaftsanzeichen der permanenten Übelkeit, über die eigentümlichen Essgewohnheiten bis hin zu Schwangerschaftsbeschwerden wie Müdigkeit und Depressionen kursieren zahlreiche Ammenmärchen rund um das Thema Schwangerschaft.

Gerüchte, Laien-Weisheiten und Ammenmärchen

Schwangerschaft und die Geburt eines neuen Menschen erleben die meisten Menschen selbst heute, in Zeiten der wissenschaftlichen Durchdringung und all der damit verbundenen Vorgänge als ein grosses Wunder.

So erstaunt es nicht, dass sich um diese besondere Zeit im Leben eine Unzahl wundersamer Geschichten und „Weisheiten” ranken. Gerade, wenn du zum ersten Mal schwanger bist, konfrontiert dich deine Umwelt mit vielen solcher rätselhaften Laien-Weisheiten. In diesen steckt oft viel Erfahrung und darum auch ein Körnchen Wahrheit, doch vieles muss man mit dem wissenschaftlichen Blick schlicht als Unsinn bezeichnen. Ein paar Erläuterungen können vielleicht vor unnötiger Verunsicherung schützen.


Ammenmärchen…

„Pro Schwangerschaft verliert man einen Zahn.”

Das galt nur in den Zeiten, in denen sich Frauen sehr schlecht ernährten, z. B. in Kriegszeiten. Trotzdem solltest du in der Schwangerschaft gut auf deine Zähne achten und dich zur Kontrolluntersuchung beim Zahnarzt vorstellen. Der Grund: Das Zahnfleisch wird durch die veränderte Hormonlage weicher, sodass sich Bakterien leichter an die Zähne „heranschleichen” können.


„Ist der Bauch spitz, wird es ein Junge; ist der Bauch breit, wird es ein Mädchen.”

Die Bauchform sagt nichts über das Geschlecht deines ungeborenen Kindes aus! Das ist sogar wissenschaftlich erwiesen. Im Jahr 1999 befragten amerikanische Wissenschaftler 104 schwangere Frauen, die noch nichts über das Geschlecht ihres Kindes wussten, nach ihren Vermutungen. Es bestand nicht der geringste statistisch auffällige Zusammenhang zwischen den Vermutungen der Mütter und dem tatsächlichen Geschlecht ihres Kindes. Wer weiss, vielleicht bestanden die Kinder schon immer darauf, ihre Eltern zu überraschen…

„Mädchen rauben der schwangeren Mutter die Schönheit.”

Sicherlich bedeuten die körperlichen Veränderungen, die mit einer Schwangerschaft einhergehen, für viele Frauen eine grosse Irritation, die sie auch in dem Gefühl ihrer Attraktivität verunsichern kann. Der Vergleich mit jungen Mädchen mag diese Unsicherheit manchmal steigern. Aber du wirst, nicht zuletzt in den Augen deiner Umgebung, spüren, was für eine besondere Schönheit dir die Schwangerschaft verleiht. Und die kann dir niemand rauben!

„Wenn du unter einer Wäscheleine durchgehst, heisst das, dass sich die Nabelschnur deines Kindes um seinen Hals wickelt.”

Quatsch! Dies ist wohl einer der Versuche, ein Problem zu bannen, das in Zeiten weniger entwickelter medizinischer Methoden nicht selten zum Tod des Neugeborenen führte. Heute helfen Ultraschall und eventuell ein Kaiserschnitt wirksamer als das Vermeiden von Wäscheleinen!

„Sich vor einer Katze zu erschrecken und sich dabei die Hände vor das Gesicht zu halten, bewirkt bei deinem Kind einen Blutschwamm im Gesicht.”

Noch grösserer Quatsch! Aber möglicherweise ein weiterer Versuch, zu erklären und zu bannen, was am Kind unsichtbar im Bauch der Mutter vor sich geht. Tatsächlich kommt durchschnittlich eines von 200 Neugeborenen mit einem Blutschwamm zur Welt. Man weiss auch heute noch nicht sicher, weshalb Hämangiome, so die medizinische Bezeichnung dieser gutartigen Gefässtumore, entstehen. Als wahrscheinlichste Ursache wird eine genetische Disposition angenommen. In der Regel verschwindet die Erscheinung bis zum zehnten Lebensjahr von selbst. Weder bezüglich ihres Zustandekommens noch in Hinblick auf ihr Verschwinden wurden bisher Zusammenhänge mit Katzen oder heftigem Erschrecken belegt.

„Leidest du unter Sodbrennen, bedeutet das, dass dein Kind viele Haare hat.”

Wäre lustig, aber das ist nicht allgemein gültig. Viele Babys haben Glatzköpfe, obwohl die Mutter viel Sodbrennen in der Schwangerschaft hatte. Nicht für jeden Schweiss gibt es einen Preis!

„Es muss noch wachsen und stark werden, also wird es ein Junge.“ Oder: „Es putzt sich noch, es wird ein Mädchen.”

Für den Fall, dass das Kind über den Geburtstermin hinaus im Bauch bleibt, gibt es mehrere Theorien. Beide Aussagen sind natürlich an den Haaren herbeigezogen. Ob sie wohl aus Zeiten stammen, als man noch nicht hübsche Jungs und starke Mädchen wollte…?

„In der Schwangerschaft Mozart zu hören, fördert die Intelligenz des Babys.”

Wer daran glaubt, … Wahr ist, dass das Baby deine Gefühle spürt und damit sicherlich auch, wie Musik deine Stimmung verändert. Etwa ab dem fünften Monat kann das Baby selbst hören und du wirst bald spüren, dass Geräusche von aussen anregend oder beruhigend auf dein Kind wirken können.

„Stillen allein genügt als Verhütungsmittel.”

Nein. Diese Methode funktioniert nur, wenn eine Frau alle zwei Stunden, Tag und Nacht, stillt. Dann ist der Prolaktinspiegel eventuell (!) hoch genug, dass es nicht zu einer erneuten Schwangerschaft kommt.

… und Wahrheiten

„Alle Babys kommen mit blauen Augen zur Welt.”

Das gilt zumindest für fast alle hellhäutigen Kinder. Die Farbe der Augen kommt durch die Melanozyten zustande, die in der farbigen Regenbogenhaut rund um die Pupille sitzen und dafür sorgen, dass der Farbstoff Melanin das Auge vor Sonnenstrahlen schützt. Die Augenfarbe entsteht durch die Dosierung des Melanins: Wenig Melanin führt zu blauen Augen, etwas mehr zu grünen und besonders viel Melanin sorgt für braune Augen. Spätestens am Ende des ersten Lebensjahres hat dein Kind die Augenfarbe, die es auch später haben wird.

„Sex am errechneten Geburtstermin wirkt wehenauslösend.”

Stimmt! Im Sperma ist Prostaglandin enthalten, das Wehen fördern kann. Aber: Der Apfel fällt erst vom Baum, wenn er reif ist!


„Alkoholfreies Bier regt die Milchbildung an.”

Stimmt! Hopfen wirkt beruhigend, entspannend und dadurch milchfördernd. Besonders geeignet: Malzbier.

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