Life-Balance im Familien-Alltag

Vereinbarkeit von Familie und Beruf © Drazen - AdobeStock.com

Wenn sich Eltern Erwerbs-, Familien- und Hausarbeit teilen, gibt dies immer wieder Anlass zu Diskussionen – ab und zu auch zu Auseinandersetzungen. Nicht selten fragen sich Eltern dann, was sie falsch machen. Warum gelingt das «alles unter einen Hut bringen» manchen anscheinend besser als anderen?

Gewiss liegt es manchmal an den verschiedenen beruflichen Rahmenbedingungen, unterschiedlich fortschrittlichen Arbeitgebenden oder den lokalen Gegebenheiten am Wohnort wie Tagesschulen, Quartiervereine oder Familientreffs. Manche haben die Möglichkeit, auf Unterstützung aus dem familiären Umfeld zählen zu können oder profitieren von einem Kinderbetreuungs-Angebot der öffentlichen Hand. Welches sind die zentralen Erfolgsfaktoren für gelingende Vereinbarkeit von Familie und Beruf? Was kannst du trotz unterschiedlicher Rahmenbedingungen persönlich für deine Life-Balance und eine möglichst gute Vereinbarkeit von Beruf und anderen Lebensbereichen tun?

Für gelingende Life-Balance braucht es ein gutes Gleichgewicht von Berufs- und Privatleben. Dazu gehören Erwerbstätigkeit, Familie, Hausarbeit ebenso wie Zeit für sich, Paarzeit und die Pflege sozialer Beziehungen und Engagements. Studien haben gezeigt, dass Paare, welche Familie und Beruf erfolgreich unter einen Hut bringen, häufig dieselben sechs Vereinbarkeitsstrategien nutzen. Wir haben diese Strategien mit Fragen, um die eigene Situation zu überdenken, und praxisbezogenen Tipps aus unseren Beratungen ergänzt. Sie werden sehen, viele dieser Empfehlungen sind keine bahnbrechenden Neuerungen. Vieles hast du bestimmt schon ausprobiert. Das soll dich ermutigen. Denn häufig wissen wir selbst am besten, was für uns und unsere Familie gut ist. Dennoch kann es hilfreich sein, sich bewusst zu werden, dass man mit seinen Problemen nicht alleine ist. Und sich von den Lösungen anderer inspirieren zu lassen.


«Gewusst wie»: Tipps für eine gute Life-Balance

Strategie Nr. 1: Partnerschaftliche Unterstützung
Gemeinsam ist man stark. Wenn wir uns in der Partnerschaft zufrieden fühlen, geht fast alles leichter. Man kann anstehende Probleme miteinander besprechen, sich gegenseitig den Rücken freihalten und gemeinsam Lösungen finden.

Fragen
Bist du mit der Unterstützung deines Partners / deine Partnerin und mit der Art wie ihr bei Stress miteinander umgeht, zufrieden? Könnt ihr eure beruflichen Sorgen miteinander teilen?
Besprecht ihr Probleme und sucht ihr gemeinsam nach Lösungen? Gelingt es euch einander zu zuhören und unterstützt ihr euch bzw. haltet ihr euch gegenseitig den Rücken frei?

Tipp

  • Sprecht auch kleine Störungen in eurer Beziehung oder Unzufriedenheiten in der Alltagsorganisation lieber früher als spät an. Bevor daraus ein grosses Problem geworden ist. Und zögert nicht, euch professionelle Beratung zu holen, wenn ihr zu zweit keine Lösung findet.
  • Auch wenn du alleinerziehend bist, kann dich ein Coaching entlasten. Und warte damit nicht zu lange. Meistens braucht es gar nicht viel, wenn du rechtzeitig reagierst. Ein bis zwei (Online-)Gespräche mit einer Fachperson bringen häufig schon Entspannung, nützliche Impulse und neue Lösungsideen.

Strategie 2: Raum für Zweisamkeit und sich selbst
Hier geht es um Selbstfürsorge und die eigene Erholung. Sich einerseits Zeit für sich und die eigenen Interessen zu gönnen und andererseits gemeinsam mit dem Partner/der Partnerin ohne Kind(er) etwas Angenehmes zu unternehmen. Es ist wichtig und richtig, sich von Zeit zu Zeit etwas Entspannung zu gönnen beziehungsweise gemeinsame Paarzeit zu geniessen.

Fragen
Unternehmt ihr alleine und als Paar gemeinsam regelmässig etwas ohne Familie (z. B. Fitness, Kino, Cafébesuch)?
Nehmt ihr euch Zeit, euren persönlichen Interessen nachzugehen?

Tipp

  • Plant regelmässig Zeit & Raum für Zweisamkeit ein – und für euch selbst. Auch wenn ihr die Kinderbetreuung für diese Auszeiten organisieren und finanzieren müsst. Es lohnt sich! Indem ihr gut zu euch selber schaut und eure Beziehung pflegt, schafft ihr die Basis und ihr sammelt die Kraft, um auch stürmische Zeiten zu bestehen. Dies gilt ganz besonders auch für Alleinerziehende. Vielleicht kannst du eine Freundin oder Nachbarin fragen, ob sie sich in der Kinderbetreuung abwechseln können?
  • Nicht selten fällt es uns schwerer, für uns selbst zu sorgen als für andere. Ein Coaching kann helfen, mit sich selbst ebenfalls achtsam und respektvoll umzugehen. Nur dann kannst du für deine Kinder, deine:n Partner:in und andere da sein.

Strategie 3: Familienorientierung
Bei dieser Strategie geht es darum, die Familie als Bereicherung zu sehen und diese Lebensform mit ihren Vor- und Nachteilen bewusst zu schätzen. Häufig gehen Personen, die im Familienkontext leben effektiver mit ihrer verfügbaren Zeit um und geniessen die freien Momente bewusster.

Fragen
Bereitet es dir Freude, Zeit mit deiner Familie zu verbringen? Ist die Familie trotz Doppelbelastung eine Bereicherung für dich?
Wertschätzest du dich selbst für deine Leistung, Familie und Beruf tagtäglich unter einen Hut zu bringen?

Tipp

  • In stressigen Zeiten beneidest du vielleicht manchmal deine alleinstehende Freundin oder deinen Single-Kollegen um deren Unabhängigkeit? Vergegenwärtige dir immer wieder bewusst die positiven Seiten des Familienlebens. Kinderlachen, die geschenkte Zeichnung des Sohnes, der gewonnene Fussballmatch der Tochter, gemeinsame Essen und Erlebnisse in der Natur, querstehende Schuhe in der Garderobe und Zahnpasta im Lavabo als Zeichen, dass du nicht alleine bist. Die Psychologie nennt das “Reframing” – du kannst es auch einfach “positives Denken” oder die Freude an den kleinen Dingen, die das Leben wertvoll machen, nennen.
  • Solltest du merken, dass dir dennoch alles zu viel wird, hole dir sich rasch Unterstützung - bei Freund:innen, im Familientreff, bei Bekannten oder einer Beratungsstelle.

Strategie 4: Trennung zwischen Familie und Beruf
In der Regel ist es sinnvoll, Beruf und Familie gut abzugrenzen. Um sich und die anderen Familienmitglieder davor zu schützen, Spannungen und negative Emotionen vom einem auf den anderen Bereich zu übertragen, kann es helfen, die Bereiche bewusst voneinander trennen z.B. indem man die Arbeit pünktlich verlässt, keine Arbeit mit nach Hause nimmt und bestimmte Zeitfenster definiert, in denen man telefonisch oder per Mail erreichbar ist.
Es gibt jedoch auch Menschen, die es schätzen den Beruf und Privatleben fliessend kombinieren zu können und gerne über Berufliches zu Hause und Privates auch mal im Geschäft sprechen. Dann gilt es sowohl am Arbeitsplatz als auch zu Hause gut darauf zu achten, auch die Grenzen des Gegenübers zu respektieren und dafür zu sorgen, dass die anderen Familienmitglieder nicht zu kurz kommen. Wie hoch der benötigte Grad an Trennung von Beruf und Privatleben ist, ist individuell. Das Konzept des “Boundary-Managements”, also des Umgangs mit Grenzen beschreibt, dass die passende Form der Abgrenzung von der Persönlichkeit abhängt. Das erklärt auch, weshalb du dich mit deiner Partnerin / deinem Partner manchmal über die beste Lösung gar nicht einig werden kannst. Je nach Typ sind unterschiedliche Taktiken gefragt, um das persönliche Bedürfnis nach Abgrenzung beziehungsweise Integration umzusetzen.

Fragen
Bringst du beruflichen Stress nicht nach Hause bzw. Stress aus der Familie nicht mit an die Arbeit?
Trennst du klar zwischen Familie und Beruf? Bist du ganz für die Familie da, sobald du von der Arbeit nach Hause kommst?

Tipp

  • Es kann helfen, Regeln aufzustellen, damit die Trennung von Beruf und Privatleben leichter fällt z.B. die Arbeit pünktlich verlassen, keine Arbeit mit nach Hause nehmen, einen fixen, räumlich klar vom Wohn-, Ess- und Spielbereich getrennten Arbeitsplatz einzurichten.
  • Und es lohnt sich mit den Arbeitgebenden die genauen Erwartungen, Voraussetzungen und Regeln (Erreichbarkeit, Pausen, etc.) zu klären.

Strategie 5: Gelassenheit und Flexibilität
Gemäss der Studie ist es hilfreich, in herausfordernden Alltagssituationen Gelassenheit und bei Abweichungen von ursprünglichen Plänen Flexibilität zu zeigen. Leichter gesagt als getan... Und dennoch gibt es auch hier nützliche Verhaltensstrategien.

Fragen
Kannst du in den meisten Alltagssituation gelassen reagieren? Bringt dich so leicht nichts aus der Ruhe?
Wie wichtig ist dir Perfektion – wo stufst du dich auf einer Skala von 0 (gleichgültig) bis 10 (perfektionistisch) ein?

Tipp

  • Passe die eigenen Standards z. B. im Haushalt deinen Möglichkeiten und Ressourcen an. Es braucht Überwindung, unnötige und belastende Gewohnheiten abzulegen. Und es braucht Offenheit, Mut und Ausdauer, neue Wege zu gehen und die 5 gerade sein lassen. Wage es, zum Beispiel die Bettwäsche nicht mehr zu bügeln, den Kindern eine Spielecke im Wohnzimmer einzurichten oder einmal eine Pizza in den Ofen zu schieben, wenn die Sitzung länger gedauert hat. Seid einander gegenüber wohlwollend und tolerant. Das kann euch alle entlasten.

Strategie 6: Planung und Zeitmanagement
Damit die Vereinbarkeit von Familie und Beruf gelingt, sind gute Planung des Alltags und optimales Zeitmanagement zentral. Es gilt vorauszudenken, Termine zu koordinieren, Übersicht zu wahren und all die Aufgaben, die im Familienalltag anfallen im Familien-Team möglichst effizient zu erledigen. Häufig realisieren wir gar nicht, wie anstrengend und belastend dieser “Mental Load” genannte Denkaufwand sein kann.

Fragen
Planst du den Alltag in der Familie vorausschauend? Sprichst du dich über Wochen- bzw. Tagesabläufe mit deiner Partnerin/deinem Partner ab?
Seid ihr in organisatorischen Dingen ein eingespieltes Team oder entstehen immer wieder Konflikte?

Tipp

  • Als Planungshilfe bewähren sich gemeinsame To-do-Listen und Kalender, die für alle einfach und jederzeit zugänglich und einsehbar sind. Nehmt euch regelmässig einmal pro Woche Zeit, um die nächste Woche gemeinsam abzusprechen und zu planen, so dass sich nicht nur eine Person verantwortlich fühlen muss. Verteilt den Mental Load und wechselt euch bei Aufgaben wie Arztbesuchen, Elterngesprächen, Kleidungseinkauf bewusst ab.
  • Bezieht je nach Alter auch eure Kinder mit ein - auch diese können schon altersgerechte Aufgaben übernehmen und sind meistens stolz, wenn man ihnen Verantwortung übergibt und etwas zutraut.

Life-Balance

Beim Finden eurer Lösung kann euch auch das kostenlose Onlinetool «Life-Balance-Check» helfen. Probiert' es aus!

Zum kostenlosen Onlinetool «Life-Balance-Check»

Zu gelingender Life-Balance können alle etwas beitragen – Gesellschaft, Arbeitgebende und jede:r von uns. Life-Balance ist fragil. Da muss sich nur einer der vielen Einflussfaktoren wie Arbeitszeiten, Lohn, Schulweg, Betreuungsmöglichkeiten bei einem Familienmitglied ändern und schon sind wieder alle gefragt, das Gleichgewicht neu zu suchen. Dabei können euch die 6 genannten Strategien immer wieder dienen.

Auch ein Coaching bei einer auf Familien- und Vereinbarkeitsfragen spezialisierten Beratungsstelle kann helfen. Nicht alle Tipps lassen sich für jede:n gleich gut umsetzen. Und manchmal sind Anpassungen oder ein zweiter Versuch nötig, damit eine Strategie funktioniert. Gut zu wissen, dass es viele Möglichkeiten gibt. Und man sich das Passende für sich und seine Familie aussuchen kann.

Fachstelle UND
Beruf und Life-Balance
www.fachstelle-und.ch

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