Kindheit aufarbeiten: Wie Muster aus der Kindheit prägen

Bestimmte Erlebnisse aus der Kindheit können unbewusst hängen bleiben © Robert Kneschke - AdobeStock.com

Alte Muster aus der Kindheit sind Reaktionsweisen, die du selbst an dir beobachten kannst und welche dich schon über lange Zeit begleiten. Sie setzen sich aus Gedanken, dazugehörigen Gefühlen, bestimmten Glaubenssätzen und daraus resultierenden Verhaltensweisen zusammen. Wie prägend dies sein kann und wie du am besten den Weg aus diesem immer wiederkehrenden Labyrinth findest, beschreibt dieser Artikel.

Kindheitsmuster beeinflussen nicht nur dich selbst in deinem Denken und Handeln, sondern auch dich als Teil der Eltern deines Kindes und somit die Erziehung. Eingefahrene Muster sind wie ein Zug auf Schienen, der sich immer auf der gleichen Strecke befindet oder wie ein Pflug auf dem Feld. Tritt das alte Muster wieder auf, gräbt sich die Furche jedes Mal tiefer ein. Es ist bestimmt nicht einfach, aus den alten Verhaltensweisen auszusteigen, und die entscheidende Weiche zu finden. Im schlimmsten Fall kann sich das Muster jedoch auch auf deine Kinder übertragen. Tipps, wie es dir gelingen kann, einen neuen Pfad zu beschreiten, findest du hier.

Bestimmte Erlebnisse aus der Kindheit

Es gibt Erlebnisse aus deinen jungen Jahren, die dich immer wieder einholen und auch dein Verhalten, deine Freundschaften, Partnerschaften und auch die Kindererziehung unbewusst beeinflussen können. Wenn du nun mit deinem Kind in bestimmten Situationen bist, können spezielle Reize bei dir deine emotionalen Erlebnisse aus deiner Kindheit wachrütteln. Löst dieser Trigger einmal bei dir den bestimmten Knopf aus, läuft ein System ab, dem du dich nur mehr schwer entziehen kannst. Vielleicht drohte dir die Mutter im Streit immer mit Konsequenzen ("wenn du dir nicht endlich die Schuhe anziehst, gehe ich ohne dich!" oder "benimm dich jetzt, sonst gehen wir nie mehr zusammen wohin"). Oder vielleicht wurdest du von deinen Eltern oft ignoriert, wenn du trotzig oder quenglig warst.

Bei näherer Betrachtung kannst du herausfinden, dass sich bestimmte Verhaltensmuster schon sehr früh in deinem Unterbewusstsein eingeprägt haben. Je nachdem, ob dir selbst in deinen Grundbedürfnissen nach Sicherheit und Bindung, Selbstbestimmung, Anerkennung und Wertschätzung Beachtung geschenkt wurde, werden sich positive oder negative Erlebnisse in deinem Unterbewusstsein festgesetzt haben. Auch die unbeschwerten Momente in der Kindheit sind wichtige Augenblicke für ein Kind, die sich, wenn sie erlebt werden durften, positiv, andernfalls negativ auf seine Entwicklung auswirken können. All diese gespeicherten Glaubenssätze, das sind Überzeugungen dir selbst gegenüber, in deinen Beziehungen und gegenüber der Welt, beeinflussen somit dein Denken und Verhalten bis ins Erwachsenenalter und werden wiederum durch bestimmte Verhaltensweisen deiner Kinder wachgerüttelt und ins Bewusstsein geholt. Vielleicht stellst du plötzlich fest, dass du im Umgang mit deinen Kindern ebenfalls schnell mit Drohungen reagierst, wenn dich eine Situation überfordert. Oder du neigst auch dazu, deinem Kind die Aufmerksamkeit zu entziehen, wenn es unzufrieden oder quenglig ist.


Mache es dir bewusst - und finde neue Wege in der Erziehung deiner Kinder

Manche Erkenntnisse können mitunter sehr schmerzlich sein. Doch gerade, wenn du dir Dinge bewusst machst, die bisher in deinem Unterbewusstsein schlummerten, können sich neue, produktive Wege für dich selbst und in der Erziehung deiner Kinder eröffnen. Wichtig ist, dass du dich nicht selbst für deine Reaktion auf bestimmte Situationen verurteilst. Schau einmal hinter die Kulissen und dann wirst du erkennen, dass du häufig eigentlich nicht auf den Moment reagierst, sondern dein Verhalten meistens eine Reaktion auf ein längst vergangenes Ereignis ist. Die momentane Ist-Situation ist somit nur der Auslöser für etwas, das viel tiefer liegt und seine Wurzeln in deiner eigenen Kindheit haben kann. Auch wenn du also eigentlich anders reagieren möchtest, schaffst du es aufgrund festgefahrener Muster aus der Kindheit nicht, entgegen zu steuern.

Wenn dir diese Verhaltensweisen bewusst werden, bist du schon einen grossen Schritt weiter. Dann hast du die Möglichkeit, an dir zu arbeiten und etwas daran zu ändern. Wenn es Verhaltensmuster sind, welche die Grundbedürfnisse deines Kindes verletzen, sollst  du aber auf jeden Fall professionelle Hilfe annehmen. Zum Beispiel, wenn es um psychische (verletzende Äusserungen deinem Kind gegenüber) oder physische Gewalt geht. Es gilt unbedingt zu vermeiden, dass deine Kinder aufgrund deiner Kindheitserfahrungen Traumata in ihr Erwachsenenalter tragen und möglicherweise an ihre eigenen Kinder weitergeben.

Trigger als Chance sehen, Erlebnisse aus der Kindheit zu verarbeiten

Natürlich ist es nicht angenehm, wenn du durch bestimmte Auslöser wie Bilder, Gerüche, Geräusche oder Worte in eine emotional instabile Situation kommst. Die jeweiligen Trigger sorgen dafür, dass all jene Gefühle hochkommen, die du in deiner Kindheit erlebt und verdrängt hast. Da traumatische Erlebnisse im Gehirn anders abgespeichert werden als herkömmliche Erlebnisse, hast du auf die Gefühle aus deiner Vergangenheit normalerweise keinen Zugriff. Treten allerdings, oft unbewusst, bestimmte Trigger ein, kommen all jene Gefühle von früher wieder hoch. Da du im Normalfall im getriggerten Zustand nicht rational denken kannst, ist es wichtig, bewusst für kurze Zeit aus der Situation auszusteigen.

Du kannst dich auf deine Atmung konzentrieren und eine Runde um den Häuserblock gehen. Findest du dann heraus, dass die hochkommenden Gefühle eigentlich eine Antwort auf eine andere Lebensphase sind, kannst du produktiver damit umgehen. Je mehr du Dinge oder Gefühle verdrängst, desto stärker werden sie kommen. Je mehr Raum du ihnen gibst, sein zu dürfen, und versuchst, sie bewusst wahrzunehmen, desto mehr kannst du gewisse Trigger Situationen entschärfen. Die Trigger bieten dir somit die Chance, verdrängte Gefühle wahr zu nehmen, versteckte Traumata aufzuarbeiten und Trigger abzubauen. Auch wirst du deine Reaktionen auf bestimmte Verhaltensweisen deiner Kinder besser verstehen können.

Fazit: Kinder halten dir in ihrem Verhalten oftmals einen Spiegel vor. Als Eltern ist es wichtig, dem eigenen Kind in dir Raum zu geben. Die Bewusstmachung bestimmter Ereignisse und verdrängter Gefühle aus deiner Kindheit kann dir helfen, deine Reaktionen auf spezielle Verhaltensweisen deiner Kinder besser zu verstehen und einordnen zu können. Bekommen verborgene Gefühle den Raum, der ihnen zusteht, hast du die Chance, Traumata aufzuarbeiten und es werden sich auch neue Türen in der Erziehung deiner Kinder für dich öffnen.

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