Ich werde Papi!

Schwangerschaft: Ich werde Vater © pololia - AdobeStock.com

Dieser Artikel beleuchtet die «männliche Schwangerschaft» mit ihren Gedanken und Gefühlen. Das Ganze aus Sicht eines Vaters. Und aus Sicht einer gesund verlaufenden Schwangerschaft. Denn auch als Mann durchlebt man eine sehr emotionale Zeit bis zur Geburt – und darüber hinaus. Vielleicht dringt das bei einigen nicht nach aussen, doch innerlich ist mächtig was los. Also, höchste Zeit, in diese Gefühlswelt einzutauchen und einige Fragezeichen zu klären.

Schwanger sein als Mann

Ich weiss ja nicht, wie es dir als werdender Vater gerade geht. Ich kann es aber vermuten. Spürst du den Gefühlscocktail in dir? Es ist wohl ein hochprozentiger Mix aus noch nie dagewesener Vorfreude, einem nicht planbaren Plan und so richtig vollen Hosen.

Nicht, dass du das offen und ehrlich zugeben würdest. Aber wir sind ja hier unter uns Papas – ob werdende oder bereits erfahrene. Also können wir für einmal Tacheles reden. Und selber kann ich definitiv bestätigen, dass ich während der ersten Schwangerschaft meiner Frau Muffensausen hatte. Und zwar richtig.

Natürlich habe ich mich sehr darauf gefreut, in absehbarer Zeit eine richtige Familie zu sein und mein Baby in meinen Armen zu halten. Doch genau so habe ich auch daran gezweifelt, ob ich das Vatersein denn überhaupt kann. Eine Unsicherheit war da. Immer wieder. Was erwartet mich? Kann ich das? Schaff ich das? Das waren Fragen, die in meinem Kopf herumschwirrten. Wenn dir diese Gefühlslage bekannt vorkommt, dann kannst du beruhigt sein. Lampenfieber ist gesund. Und gehört einfach dazu. Auch wenn es in diesem Fall nicht nur Minuten, sondern Monate dauert.

Werdender Vater: Nutze die Ruhe vor dem Sturm

Was dich erwartet? Diese Frage lässt sich schlicht nicht beantworten. Denn jeder Mensch, jeder Vater, jedes Kind und jede Geburt sind einzigartig. Darum kannst du die Suche nach dem Papi-Patentrezept beenden.

Du kannst dich darauf einstellen, dass du Situationen erleben wirst, die komplett neu, sehr emotional und unglaublich intensiv sind. Du wirst Erfahrungen machen, die dich sowohl persönlich als auch deine Beziehung zu deiner Frau und deinem Kind prägen werden. Du wirst Aufgaben meistern, die du nicht für möglich gehalten hättest. Alles in allem wirst du dich neu kennenlernen und sehr viel lernen. Über dich selber, über deine Partnerin, über dein Kind. Daran wirst du wachsen. Nonstop.

Du kannst dich dennoch vorbereiten. Zwar nicht darauf, wie es dann mit Baby sein wird. Sehr wohl aber darauf, dass du möglichst viel Klarheit hast, um sich in der neuen Situation zurechtzufinden. Setze dir Ziele!

Es geht vor allem darum, was du von dir selber erwartest – als Vater und als Mann. Was von deiner Partnerin, als Mutter und als Frau. Und was wünscht sich deine Partnerin von dir? Diese Fragen zu besprechen und beantworten ist nicht nur empfehlenswert, sondern sehr wichtig: Hier findest du Tipps zur Geburtsvorbereitung zu zweit!


Die beste Vorbereitung ist die Zuversicht

Ob du das kannst? Auf jeden Fall. Vergiss eines nicht: Du bist weder der erste Mann, der Vater wird, noch der einzige. In der Schweiz werden pro Jahr aktuell ca. 86’000 Kinder geboren. Weltweit sind es über 130 Millionen, was 4 Geburten pro Sekunde bedeutet. Und du fragst dich, ob du das kannst?

Schon klar, wir Männer sind uns gewohnt, dass es um Leistung geht. Wir sind damit aufgewachsen, verglichen zu werden und immer möglichst vorne dabei zu sein. Ob in der Schule, im Sport und später dann im Job. Deshalb orientieren wir uns meistens daran, wie gut wir sind. Und wie gut andere sind – oder zu sein scheinen. So auch in diesem Fall. Nur geht es beim Vater werden und Vater sein nicht darum, der Beste zu sein. Es ist kein Wettkampf.

Es geht darum, es einfach zu machen. Auch diesbezüglich ist noch kein Meister vom Himmel gefallen. Ein guter Vater ist man(n) nicht, man wird es. Indem man ausprobiert, beobachtet, reflektiert und wieder ausprobiert. Und daraus lernt. Immer wieder, immer mehr.

Du wirst Fehler machen. Ganz natürlich. Und Hoffentlich. Denn Fehler sind klare Zeichen von Stärke, nicht von Schwäche. Sie zeigen dir deine Macher-Qualitäten. Wer macht, macht Fehler. Diese sind die Quelle der Entwicklung.

Selbstverständlich kannst du Bücher lesen. Alles was dir hilft, sich selbstbewusst und handlungsfähig zu fühlen, ist gut. Ganz bestimmt hilft es auch, beim Schwangerschaftsvorbereitungskurs mit dabei zu sein. Zumindest beim ersten Kind. Um alles einmal zu hören, Abläufe zu verstehen und zu merken, dass es den anderen Bald-Vätern gleich geht. 

Vater zu werden hat nichts mit Können zu tun, sondern mit einem gesunden Selbstvertrauen – also dem Vertrauen in sich selbst. Dieses zu stärken ist die beste Vorbereitung, die du vornehmen kannst. Und immer daran zu glauben, dass du es schaffst. Wie Millionen Väter vor dir. Hier geht's zum Survival Kit für Väter!

Im Zweifel sich freuen

Ob du das schaffst? Aber so was von! Ich glaube jedenfalls ganz fest an dich. Betrachte einmal, was du bis jetzt schon alles geschafft hast. Sie hast laufen, essen, sprechen gelernt. Du hast all die Aufgaben und Prüfungen gemeistert, die dir das Leben bisher gestellt hat. Mal besser, mal schlechter. Aber gemeistert. Du bist schon so weit gekommen – und wirst jetzt sogar noch Vater. Wow! Was für ein Geschenk.

Nicht umsonst spricht man bei einer Geburt von einem Wunder. Du selber bist demnach ein Wunder. Und bist nun sogar noch für ein weiteres mitverantwortlich. Also, noch irgendwelche Zweifel?

Schon klar, ich habe gut reden. Nach zwei miterlebten Schwangerschaften, den Geburten und den ersten Lebensjahren meiner zwei Kinder habe ich dieses erste Mal ja auch schon ein Weilchen hinter mir. Und trotzdem: Ich kann mich noch sehr gut daran erinnern, wie es mir damals ging.

Zweifel waren immer da. Und sind es noch heute. Ich war mir nicht sicher, ob ich das schaffe. Und bin es heute auch nicht immer. Doch die Vorfreude auf ein Baby war definitiv grösser. Und die Freude, zwei wundervolle Kinder zu haben, schlägt auch heute jeden Zweifel.

Doch wie lässt sich der Verstand da überlisten? Eine wirkungsvolle Methode heisst Freude. Ja, du hast richtig gehört. Freue dich. Immer wieder. Am besten ganz ohne Grund. Falls du einen Grund brauchst, dann freue dich darüber, wer du heute bist, was du alles hast und dass du bald Vater sein darfst. Je mehr du das tust, desto mehr überzeugst du deinen Verstand, dir zu vertrauen. Abgesehen davon ist Freude der grösste Treiber, wenn es ums Lernen geht. Neurowissenschaftliche Studien zeigen, dass wir besser und nachhaltiger lernen, je mehr Freude wir an der Sache haben. Das wirst du spätestens bei deinem Kind erkennen, denn Babys können gar nicht anders.

Im Reden liegt die Kraft

Abwarten und Tee trinken. Dieser Spruch mag vielfach passen und helfen. Doch nicht unbedingt als werdender Vater. Auch wenn du dich nicht darauf einstellen kannst, wie es mit einem Kind wird, so kannst du einiges tun, damit nach der Geburt die äusseren Rahmenbedingungen stimmen.

Dabei können Must-Have- von Nice-To-Have-Vorbereitungen unterschieden werden. Einfacher gesagt, als getan. Denn was braucht es wirklich? Und was ist schön, aber nicht unbedingt nötig? Beim ersten Kind und all den toll klingenden Angeboten ein spannendes und lehrreiches Unterfangen.

Darum sei hier das Allerwichtigste aus Papa-Sicht erwähnt: Reden und stimme dich mit deiner Partnerin ab. Fange frühzeitig damit an und solange deine Partnerin mobil und voller Tatendrang ist. Sie wird besser informiert sein und bereits konkrete Vorstellungen und Listen erstellen. Das ist toll. Heisst aber für uns Männer übersetzt nicht: zurücklehnen und entspannen. Interessiere dich dafür. Bringe deine Gedanken und Ideen mit ein. Frage, wie du konkret unterstützen kannst. Das schafft Verbundenheit und Klarheit. Und erspart euch unnötige Diskussionen im Endspurt.

Besprecht die Platzverhältnisse. Ist eure Wohnung geeignet für eine kleine Familie? Natürlich bringt man ein Baby überall unter. Doch bleibt genug Raum für euch Eltern? Und könnt ihr im Fall von abwechselnden Ruhepausen ausweichen? Natürlich rate ich von einem Umzug in den letzten Schwangerschaftswochen oder kurz nach der Geburt ab. Doch kann frühzeitig geplant und allenfalls später gehandelt werden.

Das gleiche mit dem Auto – falls du eines hast. Platz genug für Kindersitz und Kinderwagen? Falls nicht, empfiehlt sich die Abklärung und Suche während der Schwangerschaft. Abgesehen davon ist dieser Grund für ein neues Auto schön und sinnvoll, so dass die Suche und Probefahrt umso mehr Freude bereitet. Ein Kind kann auch eine schöne Motivation sein, auf ein Auto zu verzichten und vermehrt öffentliche Verkehrsmittel zu nutzen. Hier geht es weniger um Platzfragen, als viel mehr ums Organisationsgeschick. Wie sehen Fahrzeiten und Verbindungen aus? Was muss alles mit? Und ist der Bahnhof kinderwagentauglich? Hier kannst du als Mann sehr gut die Führung übernehmen und Vorarbeit leisten. Genau so, wie deine Partnerin die Vorarbeit bei der allgemeinen Baby-Ausrüstung übernimmt.

Je näher der Stichtag kommt, desto mehr wirst du als Partner gefragt sein. Sei da, höre zu, frage nach, unterstütze. Mögen die Vorstellungen und Geschmacksrichtungen noch so komisch sein. Je mehr dich deine Partnerin wahrnimmt und deine Unterstützung spürt, desto besser wird sie sich entspannen und auf die Familienzeit freuen können. Und das kommt letztendlich auch wieder dir zugute. Papi sein – von Anfang an!

Ganz zentral ist auch die Frage nach deiner Anwesenheit als Vater – sowohl bei der Geburt als auch beim Start ins Familienleben. Willst du bei der Geburt dabei sein? Und willst du die ersten Tage miterleben? Aus persönlicher Erfahrung kann ich dir nur empfehlen, das wenn immer möglich zu tun. Die Geburt zu erleben, war für mich einer dieser Momente, die unser Leben magisch machen. Und sie hat eine Verbundenheit zwischen meiner Frau und mir erzeugt, die bis heute wirkt. Auch möchte ich die ersten Tage um keinen Preis missen, die ich mit meiner Familie zuhause erleben durfte. Diesen Mix aus Neuland, Überforderung und bedingungsloser Liebe zu spüren, ist einzigartig und bereichernd – und mit nichts zu vergleichen.

Trotzdem gibt es etwas, das ich heute anders machen würde: Ich würde ab der Geburt Teilzeit arbeiten. Um mehr Zeit für mich und das Kind resp. die Kinder zu haben. Der Wert an Familienzeit übersteigt für mich bei weitem die finanziellen Einbussen. Nur realisieren das viele Väter erst später. Oftmals leider zu spät. Überlege dir also die Möglichkeit, allenfalls dein Arbeitspensum zu reduzieren. Schon nur einen Tag in der Woche mit dem Kind verbringen zu können, wird sich nachhaltig auswirken. Auf dich als Vater, auf deine Beziehung zum Kind und auf dein Verständnis für die Aufgaben einer Mutter.

Bespreche all das mit deiner Partnerin und deinem Arbeitgeber. Auch wenn du in den Genuss des neuen Vaterschaftsurlaubes kommst, so hilft es, das zu klären. Wann und wie viel Vaterzeit möchtest du nutzen? Direkt nach der Geburt oder später? Was bedeutet das für die übrigen Ferien? Und finanziell?

Je flexibler du dies gestalten kannst, desto mehr Vorteile wirst du haben. Sollte dir dein Arbeitgeber keine Flexibilität gewähren, dann erhältst du damit eine wichtige Erkenntnis. Denn wer für eine einmalige Geburt keine Ausnahme machen will, der wird es auch später für die Familie nicht tun.

Und was heisst das jetzt alles?

Wie eingangs erwähnt, ist jeder Mensch und damit jeder Vater und jedes Kind einzigartig. Dementsprechend wirst du deine ganz eigenen Erfahrungen machen. Jedenfalls möchte ich es nicht unversucht lassen, dir mit meinen fünf wichtigsten Hinweisen etwas Handfestes mit auf den Weg zu geben, das dich im besten Fall inspirieren und unterstützen kann.

1. Stehe zu deinen Gefühlen
Zeige dich. Teile mit, wie es in dir aussieht. Zumindest deiner Partnerin gegenüber. Scheue und schäme dich nicht, Unsicherheiten, Ängste und Schwächen zuzugeben. Denn genau darin liegt die Stärke. Denn sie zeigt Herz. Das schafft echte Verbundenheit.

2. Rede und frage
Schweigen ist für einmal nicht Gold. Jetzt ist Zeit zum Reden. Verpasse keine Gelegenheit, deiner Partnerin und anderen Vätern Fragen zu stellen und wichtige Sachen zu klären. Schaffe jetzt die Klarheit, die dir nach der Geburt eine Stütze sein wird.

3. Nutzen die Ruhe
Warte nicht ab. Nütze die Zeit, die du hast. Für Gespräche und Vorbereitungen. Für sich als Eltern. Geniesst eure Zweisamkeit in vollen Zügen. Und für sich selber. Tanke die Kraft der Ruhe.

4. Lasse Freude in dein Leben
Freue dich so oft es geht. Mache Dinge, die dir gut tun. Freude ist ein echter Antreiber. Freude bringt Leichtigkeit. Und Freude verbindet. Grund genug, sie zu empfinden und zu streuen.

5. Vertraue dir
Du kannst das! Und du schaffst das. So wie ich und Millionen andere Väter auch. Niemand kann dir sagen, was du wie zu tun hast. Das weisst nur du. Lass dich dabei von deinem Gefühl und deiner Intuition leiten. Das beste Navigationsgerät überhaupt.

Geniesse deine Reise ins Land der Väter, mache möglichst viele Erfahrungen und nutze jede Minute, die du mit deiner Familie verbringen darfst. Ich wünsche dir von Herzen das Beste!


              Fachautor: Duri Sulser / DaddyCool Coach / tavita.ch / Stäfa 

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