Erziehungsfallen

Erziehungsfallen © famveldman / AdobeStock.com

Eltern werden ist nicht schwer....diesen abgewandelten Satz aus Wilhelm Buschs Julchen bringst du in Gedanken vielleicht einmal zu Ende, wenn dein Fünfjähriger in eindeutiger Rebellenpose vor dir steht und überhaupt kein Verständnis dafür zeigt, dass er die eben so mutig abgejagte Sandschaufel an ihren rechtmässigen Besitzer zurückgeben soll.

Kindererziehung kann manchmal zu einem Balanceakt werden. Du möchtest dein Kind zu einem selbstständigen und selbstbewussten Menschen erziehen, auf der anderen Seite möchtest du, dass es lernt, sich in eine Gesellschaft einzufügen und deren Regeln zu akzeptieren. Familie, Freunde und Umfeld haben immer einen Tipp parat und die vielen unterschiedlichen Ratgeber stiften zusätzlich Verwirrung. Kein Kind dieser Welt lässt sich streng nach Lehrbuch erziehen. Es bringt immer seine individuelle Persönlichkeit mit in die Familie. Herunter gerechnet auf eine Formel gibt es drei wunderbare Leitsätze, die dir bei der Kindererziehung immer zur Seite stehen werden:

  • Halt geben
  • Raum geben
  • Annehmen

Und es gibt auch die typischen Erziehungsfallen, die sich so gar nicht mit diesen Idealen decken. Ein paar davon sind dir eventuell sogar noch aus der eigenen Kindheit bekannt:

Süssigkeiten oder Fernsehverbot, Stubenarrest und Taschengeldkürzung

Wenn du deinem Kind eine solche, gemessen am Vergehen nicht selten aus der Luft gegriffene Strafe aufdrückst, einfach weil du als erwachsener die Macht oder gerade die passende Wut dazu hast, bist du in seinen Augen nichts weiter als ein Spielverderber. Natürlich müssen Eltern auch diese Rolle übernehmen. Sie sind nun einmal diejenigen, die dem kindlichen Freiheitsdrang aus Fürsorge Grenzen setzen. Noch besser lernen Kinder aber aus den direkten Auswirkungen ihres eigenen Verhaltens. Wenn der Spielplatzrowdy weiter Schaufeln stielt, wird bald niemand mehr mit ihm spielen wollen. Eltern sollten, solange keine echte Gefahr im Verzug ist, vorwiegend erklärend in Erscheinung treten. Klare Regeln schliesst eine solche Haltung trotzdem nicht aus. Auch nicht die vorher diplomatisch verhandelten Konsequenzen, wenn Regeln gerade von älteren Kindern bewusst gebrochen werden.

Wenn Kinder auf einem Thron oder in einem Käfig sitzen

Das Gegenteil von gut ist gut gemeint. Wie soll der kleine Spielplatzrowdy lernen, dass es ganz toll sein kann, seine Schaufel mit Freunden zu teilen, wenn die Mutter, angestachelt von seinem wütenden Geschrei, sofort in die nächste Spielzeughandlung rennt, um ihrem Liebling eine noch viel grössere Schaufel zu kaufen? Kinder müssen lernen, Enttäuschungen auszuhalten! So lernen sie, auch im späteren Erwachsenenalter bewusst damit umzugehen. Und was ist mit dem kleinen Mädchen, das da jetzt sitzt und weint? Wenn dessen Mutter nun beinahe selbst in Tränen ausbricht, die Kleine herzt, als ginge die Welt unter und schlussendlich als Autorität die gestohlene Schaufel zurückholt und dann beschliesst, den "Tatort" künftig zu meiden, dann ist sie auf dem besten Wege ihre Tochter zu einem unbeholfenen, ewig jammernden und selbstzweifelnden Menschen zu erziehen.

Besser: " Ja, ich weiss, das war wirklich gemein von dem Jungen, dir einfach deine Schaufel wegzunehmen. Komm wir gehen mal hinüber und fragen, ob er sich entschuldigen möchte!"


Die elterliche Dauerschleife

Diplomatie ist gut und richtig, aber es ist kontraproduktiv, sich in Diskussionen verwickeln oder zum ewig mahnenden Regelherunterbeter stempeln zu lassen!

Statt vom Rand des Sandkastens aus den potenziellen Schaufeldieb immer wieder zuzurufen er solle doch bitte mit seinen eigenen Sachen spielen oder mit langen Erklärungen auf taube, weil noch immer mit der Schaufel beschäftigte Ohren zu stossen, holt eine Frage den bockigen Helden zurück in die Gegenwart: "Wie kam es dazu, dass du dem Mädchen einfach die Schaufel weggenommen hast?" Die Antwort ist in diesem Fall natürlich klar, aber sie hat den kleinen Rebellen in ein aktives Gespräch gebracht, in dem die Mutter signalisiert, dass sie bereit ist, sich seine Seite der Geschichte anzuhören und gemeinsam mit ihm eine Lösung für die Zukunft zu finden.

Wenn Kinder mit Gleichaltrigen oder Geschwistern verglichen werden

Nimm dein Kind so an, wie es ist! Es ist einzigartig und es macht Fehler. Du bist der Mensch, auf den es sich immer verlassen können muss, wenn die Welt ihm Steine in den Weg legt. Vergleiche dein Kind nie mit anderen, lass es nie von Anderen vor dir oder ihm vergleichen und stachle Geschwister nicht zu Wettkämpfen an! Konkurrenzdenken ist eine Geissel der heutigen Erfolgsgesellschaft. Es macht unglücklich, krank und einsam!

Immer musst du, schon wieder hast du, typisch du, wie der Papa

Solche unbewussten Ausdrücke drücken das Kind selbst in eine Rolle. Wie soll es den Eltern und sich selbst beweisen, dass es mutig über den eigenen Schatten springen kann, wenn nicht mal die ihm am nächsten stehenden Personen daran glauben? Nebenbei: Wer vor seinem Kind schlecht über geliebte Menschen redet und es in elterliche Streits hineinzieht, muss sich nicht wundern, wenn sich die nie gewonnene Fähigkeit zur Konfliktlösung spätestens in der Pubertät ganz entscheidend bemerkbar macht...

Wir alle sind nicht perfekt und lernen unser ganzes Leben lang! Die ganz oben genannten Leitsätze darfst du auch gern auf dich selbst übertragen und musst Fehltritte deinerseits nicht als allumfassendes Scheitern sehen. Wenn dein Kind weiss, dass du es liebst, wird es dir so Einiges verzeihen.

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