Glückliche Förderung

Glückliche Förderung © Mladen / AdobeStock.com

«Gesund, erfolgreich, glücklich!» Wer wünscht seinem Kind nicht diese Lebensziele? Was könnt ihr als Eltern tun und vor allem lassen, damit euer Kind seine Ziele später einmal erreicht? Wie orientiert man sich zwischen Früh-Chinesisch, PISA und Montessori-Kindergarten?

Viele Eltern sind besorgt, dass ihr Kind in der Schule und damit im Leben versagen könnte und möchten deshalb möglichst früh mit der geistigen Förderung beginnen. Dass dies die allgemeine Entwicklung ihres Kindes gefährden könnte, sehen sie in ihrer Sorge oft nicht.

Kinder lernen grundsätzlich gerne. Sie lernen «spielend», d.h. ihre Spiele und Aktivitäten dienen meist zum etwas Lernen. Bestimmte Aktivitäten und Spiele sind nur in einem gewissen Alter interessant. Rollenspiele sind für 4- bis 6-jährige Kinder total spannend. Ein 2-Jähriger kann mit ihnen nichts anfangen und ein 10-Jähriger findet sie langweilig. Neben dem Üben von sozialen Beziehungen (Rollenspiel) sind für Kinder im Vorschul- und frühen Schulalter vor allem das Erlernen und Üben der Grob- und Feinmotorik wichtig. Das Interesse für geistige Leistungen erwacht erst mit der Zeit.


Was kannst du tun, um eine gesunde und glückliche Entwicklung deines Kindes zu fördern?

  • Biete deinem Kind die Möglichkeit, in einem kontrollierten Rahmen möglichst früh und viel Kontakt zu anderen Kindern zu haben (z. B. in der Spielgruppe). Kinder sind untereinander die geduldigsten Lehrer. Durch Nachahmen und immer wieder Üben werden viele wichtige Fähigkeiten erlernt.
  • Sorge dafür, dass sich dein Kind möglichst viel und unterschiedlich bewegen kann (z. B. auf dem Spielplatz, im Kinderturnen). Das Rennen, Klettern, Velo-, Ski- und Rollschuhfahren sowie Schwimmen fördert die
    Grobmotorik. Eine gute Motorik ist eine wichtige Basis für spätere «geistige Beweglichkeit» und Gesundheit.
  • Lasse der Kreativität deines Kindes freien Lauf (z. B. durch Malen, Zeichnen, Basteln und Bauen).
    Beziehe es spielerisch in möglichst viele deiner täglichen Aktivitäten (einkaufen, kochen, putzen, Velo «flicken» usw.) mit ein. Vorgefertigtes, wenig veränderbares «Spielzeug» ist der Kreativität wenig förderlich.
  • Nimm dir Zeit, die Fragen deines Kindes altersentsprechend zu beantworten. Kinder sind neugierig und sind stark motiviert, sich Wissen anzueignen. Evtl. musst du selbst im Lexikon oder im Internet nachlesen.
  • Sei dir bewusst, dass du in allem, was du tust, ein Vorbild für dein Kind bist. Computer, Tablets, TV und Handys üben deshalb eine so grosse Anziehungskraft auf Kinder aus, weil so viele Erwachsene davon fasziniert sind und ständig draufschauen oder damit «spielen». Diese Medien sind nicht geeignet, die Entwicklung deines Kindes im Vorschulalter zu fördern, im Gegenteil: der Bildschirm stiehlt deinem Kind Zeit, in der es fürs jeweilige Alter wichtige Tätigkeiten (siehe oben) ausüben könnte. 
  • Biete deinem Kind die Möglichkeit, eine breite Palette an Aktivitäten kennen zu lernen. So kann es seine Interessen, Vorlieben und Stärken entdecken und ausleben.
  • Überlasse die Vermittlung von schulischem Stoff getrost der Schule. Wenn das Kind in den entsprechenden Zeitfenstern seine Basis festigen konnte, wird es die Schule genauso spielerisch meistern. 
  • Lass dich nicht durch den «Förderwahn» anderer Familien in deiner Umgebung aus der Ruhe bringen. Weniger ist oft mehr... Sehe, was dein Kind schon alles kann und lobe es dafür, statt sich darüber zu beunruhigen, was es (noch) nicht ganz so gut kann, wie andere gleichaltrige Kinder.

Die Entwicklung jedes einzelnen Kindes verläuft sehr individuell. Vergleiche zwischen Gleichaltrigen können deshalb beunruhigend wirken. Die Grenze zwischen «noch normal» und «schon auffällig» ist nicht klar definiert und auch immer veränderten gesellschaftlichen Anforderungen unterworfen. Heutzutage bestehen Tendenzen, dass alle Kinder alles gleich gut können müssen, was dazu führt, dass immer mehr «Fördertherapien» verordnet werden («Überförderung»). Kinder kommen also bereits sehr früh in einen Leistungsstress, wenn sie unsere vielleicht auch überhöhten Anforderungen nicht erfüllen. Hinzu kommt, dass Kinder recht unterschiedliche Interessen und Vorlieben haben, die sich von den unseren teilweise stark unterscheiden können.

Hinweise für eine nicht normale Entwicklung liefern meist nur der zeitliche Verlauf und bei bestehendem Verdacht eine genaue Untersuchung und Analyse durch deinen Kinder- und Jugendarzt.

Dr. med. Christian Knoll / Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin FMH / Biel

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